Bei der Bewältigung der COVID-19-Krise kommt dem Wohnbau eine Schlüsselrolle zu. Für die Bewohner bekommen die eigenen vier Wände einen ganz neuen Stellenwert. Die Wohnung muss mehr können als bisher. Vor allem wird sie auch zum Arbeitsplatz. Wirtschaftspolitisch hat sich der Wohnbau wieder einmal als stabilisierender Faktor bewährt.

 

Die Wohnbauförderung ist das Herzstück des österreichischen wohnungspolitischen Modells, das als eines der besten Europas gilt. Die österreichische Bevölkerung verfügt über einen Wohnungsbestand, der zu den besten der Welt zählt. Nicht nur die Wohnungsausstattung und -größe liegen deutlich über dem internationalen Durchschnitt. Es ist auch sichergestellt, dass die Wohnungen leistbar bleiben, was zur gesellschaftlichen Integration und Stabilität beiträgt. Die Wohnbauförderung hat auch wirtschaftspolitische Wirkungen, etwa die Stabilisierung der Wohnungsmärkte und der Bauproduktion, die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Beeinflussung der Preisstabilität. Sie aktiviert in enormem Ausmaß privates Investitionskapital, etwa bei Eigenheimen, und forciert Innovation. Wohnungsneubau und Sanierung sind weitgehend inlandswirksam.

 

Im Auftrag des Fachverbands Steine-Keramik hat das IIBW die Wohnbauförderungsstatistik für das Jahr 2019 erstellt. Nachstehend sind die Hauptergebnisse der Studie zusammengefasst.

 

  • Bevölkerungsprognose mit schwächer werdendem Wachstum

Im vergangenen Jahrzehnt legte die österreichische Bevölkerung um 6,2% auf 8,91 Mio zu. Anfang 2020 lebten um über eine halbe Million Menschen bzw. gab es über 350.000 Haushalte mehr in Österreich als 2010. In wenigen Jahren wird die 9-Mio. Marke überschritten werden. Die Zunahme liegt deutlich über dem EU27-Durchschnitt. Das Wachstum resultiert weit überwiegend aus Zuwanderung. Die Bevölkerungsprognose der Statistik Austria geht von einem weiterhin erheblichen, wenngleich weit geringerem Wachstum als in der jüngeren Vergangenheit von 3,4% im kommenden Jahrzehnt aus (+300.000 Einwohner bzw. +210.000 Haushalte). Allerdings wurden die Prognosen seit 2016 deutlich nach unten revidiert. Die COVID-19-Krise dürfte die internationale Wanderung weiter dämpfen.

 

  • Geringe Wohnkosten von Eigentümern, Mieten steigen weiter

Eigentümer wohnen mit durchschnittlich EUR 3,6/m² sehr viel günstiger als Mieter mit EUR 10,1 /m² („brutto warm“, ohne Kapitaltilgung). Die Bestandsmieten steigen nach wie vor deutlich über der Inflationsrate. Im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre sind gemeinnützige und gewerbliche Mieten gleichermaßen um etwa 3,0% pro Jahr gestiegen. Die Wohnkosten gemeinnütziger Wohnungen liegen mit EUR 7,2/m² aber um ein gutes Fünftel unter jenen privater Mietwohnungen mit EUR 9,3/m² („brutto kalt“).

 

  • Neubauboom und COVID

2019 wurden 79.000 Wohnungen baubewilligt (neue Wohnungen in neuen sowie in bestehenden Gebäuden). Damit wurde der historische Höchstwert von 2017 nur knapp verfehlt. In mehreren Bundesländern übersteigt der Neubau den geschätzten Bedarf erheblich, v.a. in Wien und in der Steiermark. Die COVID-19-Pandemie trägt zu einer Belebung der Nachfrage bei. Der abnehmende demographische Druck sollte aber mittelfristig zu einer Stabilisierung der Neubauzahlen auf niedrigerem Niveau führen.

 

  • Kontinuität bei großvolumiger Förderung, Demontage beim Eigenheim

Die 2019 zugesicherten 19.700 Förderungen für Geschoßwohnungen entsprechen dem langjährigen Durchschnitt. Bundesländer mit steigenden und solche mit sinkenden Förderungszahlen halten sich die Waage. Ganz im Gegensatz dazu sind die 3.700 geförderten Eigenheime 40% weniger als der zehnjährige Durchschnitt und gerade noch ein Viertel des Volumens der 1990er Jahre. Der Förderungsdurchsatz, d.h. das Verhältnis von Förderungszusicherungen zu Baubewilligungen, der bis in die 2000er Jahre noch bei 80-90% lag, ist bei Geschoßwohnungen auf unter 50% und bei Eigenheimen auf nur noch 20% gesunken. Daraus resultiert einerseits ein verringerter öffentlicher Aufwand, andererseits der Verlust von Lenkungseffekten.

 

  • So geringe Förderungsausgaben wie 1991

Zwanzig Jahre lang, von Mitte der 1990er bis Mitte der 2010er Jahre, war die Wohnbauförderung in weitgehend konstanter Höhe von EUR 2,4 bis 3,0 Mrd. dotiert. Seither sind die Förderungsausgaben stark rückläufig, unterschritten 2019 – erstmals seit fast 30 Jahren – die 2-Milliarden-Marke und liegen um 19% unter dem zehnjährigen Durchschnitt. Der Rückgang betraf alle Bereiche. Die Ausgaben für die Eigenheimförderung lagen um 30%, die Sanierungsförderung um 26%, die großvolumige Neubauförderung und die Subjektförderung gleichermaßen um 15% unter dem langjährigen Durchschnitt. Die wohnungspolitischen Ausgaben sind auf 0,4% des BIP gesunken. Damit liegt Österreich im europäischen Vergleich im untersten Drittel.

 

  • Belebung der Sanierung noch nicht in Sicht

Die Sanierungsförderung sank 2019 weiter und lag mit etwa EUR 470 Mio. um ein Viertel unter dem zehnjährigen Durchschnitt, gegenüber dem Höchstwert von 2010 waren es sogar -43%. Bei den Förderungszusicherungen betraf der Rückgang v.a. Eigenheimsanierungen, während großvolumige Sanierungen konstant blieben. Zur Erreichung der Klimaziele bedarf es weitreichender Maßnahmen. Förderungen allein reichen nicht aus. Es sind wohn- und steuerrechtliche Maßnahmen sowie Bewusstseinsbildung nötig. Von IIBW und Umweltbundesamt wurde eine Neukonzeption der Sanierungsrate vorgelegt. Geförderte, ungeförderte, umfassende und äquivalente Einzelmaßnahmen erreichen derzeit eine Rate von 1,4%. Zur Erreichung der Klimaziele ist eine Verdoppelung nötig.

 

  • Strukturwandel bei der Wohnbeihilfe

2019 waren auch die Ausgaben für die Subjektförderung weiter rückläufig. Auch die Zahl der Wohnbeihilfe beziehenden Haushalte ging deutlich zurück. Einzelne Bundesländer bauen ihre Systeme aus, während andere Einschränkungen vornehmen. Parallel dazu wird im Rahmen der bedarfsorientierten Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe die „Abdeckung von Wohnbedarf“ gefördert. Die Ausgaben dafür übersteigen mittlerweile jene der Wohnbeihilfe. Einzelne Bundesländer haben alle wohnungsbezogenen Subjektförderungen in den Sozialabteilungen zusammengezogen.

 

 

Die Broschüre „Wohnbauförderung in Österreich 2019“ ist abrufbar unter:

https://www.baustoffindustrie.at/wp-content/uploads/2020-IIBW-Wohnbauförderung-2019.pdf

Gedruckte Exemplare können Sie bei Interesse im FmR-Büro anfordern: info@forumrohstoffe.at