© Kathrin Layr

Durch das weltweite Bevölkerungswachstum wird mit einer Zunahme der Produktion von Phosphorgips gerechnet. Dieses „Nebenprodukt” fällt bei der Herstellung von Phosphorsäure für die Düngemittelproduktion an. Ein wissenschaftlichen Bericht von Dipl.-Ing. Dr. Philipp Hartlieb und Kathrin Layr, Montanuniversität Leoben – Lehrstuhl für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft.

Die Herstellung von Phosphorsäure für die Düngemittelproduktion erfolgt durch Behandlung von Phosphat mit Schwefelsäure. Bei diesem „wet process“ fallen pro Tonne Phosphorsäure etwa 4 bis 5 Tonnen Phosphorgips (PG) als Nebenprodukt an. Durch das weltweite Bevölkerungswachstum wird mit einer Zunahme der Produktion gerechnet.

Da Phosphatlagerstätten Radionuklide enthalten, sind auch die daraus gewonnenen Produkte leicht radioaktiv (im PG hauptsächlich durch Radium-226). PG wird daher als TENORM (Technologically Enhanced Naturally Ocurring Radioactive Material) klassifiziert. Die Radionuklide sind innerhalb der PG-Halden nicht gleichmäßig verteilt; nur in manchen „Schichten“ oder „hot spots“ werden rechtliche Grenzwerte überschritten. Das auf Halden unerwünschte Ra-226 ist als Inhaltsstoff in Krebsmedikamenten ein begehrter Rohstoff; Gips wird insbesondere in der Bauindustrie sowie zur Bodenverbesserung und –stabilisierung verwendet. Zusätzlich sind im PG kritische Rohstoffe wie Seltene Erden enthalten. Um Gips und Radium gewinnen zu können, wird derzeit unter der Projektleitung der DMT GmbH & Co KG mit der finanziellen Unterstützung des Europäischen Instituts für Innovation und Technologie (eit raw materials), im Rahmen des raPHOSafe-Projekts die Möglichkeit der Verwertung des PG untersucht. Der Einsatz eines mobilen, automatisierten Förderbandsystems würde die Messung der Radioaktivität und folgende Trennung in kritisches und unkritisches Material erlauben und damit die Gipsmenge, die aufbereitet werden muss, minimieren.

Eine Reihe von Universitäten, Forschungseinrichtungen sowie Industriepartner – hauptsächlich aus Ost- und Südosteuropa – führen mineralogische und geochemische Studien sowie Risiko- und Chancenanalysen durch. Die Montanuniversität Leoben untersucht den Gipsmarkt, um das Potential des unkritischen PG abzuschätzen. Die Auswertung der Gipsströme innerhalb Europas sowie aus und nach Europa schafft in Kombination mit Produktionszahlen des europäischen Gipsbergbaus und des synthetischen Gipses (z.B. Gips aus Rauchgasentschwefelungsanlagen – Rea-Gips) einen Überblick über Angebot und Nachfrage am europäischen Gipsmarkt. Darauffolgend werden potentielle Gipsabnehmer und deren Ansprüche an den Rohstoff (Korngrößenverteilung, akzeptabler Phosphorgehalt etc.) ermittelt. Aus stagnierenden Produktionszahlen der Gipsbergbauindustrie sowie der sukzessiven Abnahme der Energiegewinnung aus Kohle und der gleichzeitigen Abnahme der Rea-Gipsproduktion bei hohem Bedarf an Baumaterialien in Ost- und Südosteuropa ergibt sich ein steigender Gipsbedarf in dieser Region und dementsprechend hohe Chancen auf eine wirtschaftliche Verwertung des PG.