Trotz langfristig sinkender Budgets ist die Wohnbauförderung das Herzstück des österreichischen wohnungspolitischen Modells. Die österreichische Bevölkerung verfügt über einen Wohnungsbestand, der zu den besten der Welt zählt. 

Nicht nur die Wohnungsausstattung und -größe liegen deutlich über dem internationalen Durchschnitt. Bisher war sichergestellt, dass große Teile des Bestands leistbar bleiben. Das wiederum trug zur gesellschaftlichen Integration und Stabilität bei. Zu guter Letzt spricht das Kosten-Nutzen-Verhältnis für das Modell. Bund, Länder und Gemeinden gaben 2022 nur 0,5% des Brutto-Inlandsprodukts für alle Arten der Förderung des Wohnens aus, viel weniger als etwa in den 1990er Jahren.

Gerechtfertigt sind die öffentlichen Ausgaben für das Wohnen durch den vielfältigen Nutzen der Wohnbauförderung. Es geht keineswegs nur um das sozialpolitische Ziel, einkommensschwächere Haushalte zu unterstützen. Die Wohnbauförderung hat auch massive wirtschaftspolitische Wirkungen, etwa die Stabilisierung der Wohnungsmärkte und der Bauproduktion, sie beeinflusst Preisstabilität und sichert in großem Umfang Arbeitsplätze. Wohnungsneubau und Sanierung sind weitgehend inlandswirksam. Die Wohnbauförderung aktiviert in enormem Ausmaß privates Investitionskapital, etwa bei Eigenheimen, und forciert Innovation.

Allerdings zeigt die Entwicklung der vergangenen Jahre einen beunruhigenden Abwärtstrend. Hat die Wohnbauförderung in der Vergangenheit für Kontinuität im Wohnbau, Innovation und sozialen Ausgleich gesorgt, sind heute Förderausgaben und Zusicherungszahlen rückläufig.

Im Auftrag des Fachverbands Steine-Keramik hat das IIBW die Wohnbauförderungsstatistik für das Jahr 2022 erstellt. Nachstehend sind die Hauptergebnisse der Studie zusammengefasst.

Weiterhin starkes Bevölkerungswachstum

Österreich wächst weiter. Die Bevölkerungszahl hat Anfang 2022 die 9-Millionen-Marke überschritten. Über dem österreichischen Durchschnitt von 0,8% wuchs 2022 v.a. Wien mit 1,4%. Im Abstand eines Jahrzehnts sind 630.000 Menschen bzw. fast 390.000 Haushalte dazu gekommen. Die prozentuelle Zunahme liegt deutlich über dem EU27-Durchschnitt. Das Wachstum resultiert weit überwiegend aus Zuwanderung. Die Alterung der Bevölkerung geht unvermindert weiter. Die Bevölkerungsprognose der Statistik Austria geht für das bevorstehende Jahrzehnt von zusätzlich 350.000 Einwohnern bzw. 250.000 Haushalten aus.

Turbulente Wohnkostenentwicklung

Eigentümer wohnen mit durchschnittlich EUR 3,7/m² viel günstiger als Mieter mit EUR 10,8/m² („brutto warm“, ohne Kapitaltilgung). Die Bestandsmieten stiegen 2022 um „nur“ 4,8%. Der durch Inflation und Zinsanstieg ausgelöste viel höhere Kostenschub ist nur zum Teil 2022 eingepreist. Ein größerer Teil wird erst 2023 wirksam. Die Wohnkosten im gemeinnützigen Bestand liegen mit EUR 7,6/m² um etwa ein Viertel unter jenen privaten Mietwohnungen mit EUR 10,2/m² („brutto kalt“).

Baubewilligungszahlen brechen weg

Nach bis zu 85.000 baubewilligten Wohneinheiten (in neuen und bestehenden Wohngebäuden) gingen die Zahlen 2022 auf 63.000 zurück. Für 2023 werden nur noch 51.000 bewilligte Einheiten geschätzt. Erholung ist nicht in Sicht. Gründe für den Einbruch sind massiv gestiegene Baupreise, die heftige Erhöhung der Kreditzinsen, die stark kritisierte Kreditvergaberichtlinie (KIM-Verordnung) und die Zurückhaltung der Förderstellen zur Anpassung der Fördersatze. Das ungünstige Umfeld lässt befürchten, dass in großer Zahl baubewilligte Bauten nicht zur Umsetzung gelangen. Die Auswirkungen der Krise betreffen die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ebenso wie die Bauwirtschaft in der gesamten Wertschöpfungskette und absehbar auch den Arbeitsmarkt. Die stark rückläufigen Zahlen haben bedrohliche Auswirkungen auf die Wohnversorgung der kommenden Jahre, v.a. in den Städten.

Anhaltend niedrige Zusicherungszahlen in der Neubauförderung

Der Einbruch der Förderleistung 2021 hat sich 2022 verfestigt. Ähnlich wie im Vorjahr wurde die Förderungen von nicht mehr als 18.500 Neubauwohnungen zugesichert (Neubau zzgl. Schätzung neue Wohnungen im Bestand). Die Zahl liegt um 30% unter dem zehnjährigen Durchschnitt. Die 14.700 geförderten Geschoßwohnungen bedeuten einen Rückgang um fast ein Drittel gegenüber dem langjährigen Durchschnitt. In keinem der Länder lag die großvolumige Förderung über dem langjährigen Durchschnitt.

Vergleichsweise konstant waren die Zahlen in Nieder- und Oberösterreich sowie der Steiermark. Besonders starke Rückgänge werden 2022 in Wien, Kärnten, Burgenland und Vorarlberg verzeichnet. Die Eigenheimförderung lag zwar leicht über den Werten des Vorjahrs, aber um 27% unter dem zehnjährigen Durchschnitt. Der Förderungsdurchsatz, also das Verhältnis von Förderungszusicherungen zu Baubewilligungen, der bis in die 2000er Jahre noch bei 80-90% lag, erreichte bei Geschoßwohnungen nur noch 42%, bei Eigenheimen unter 20%. Daraus resultieren einerseits ein verringerter öffentlicher Aufwand, andererseits der Verlust von Lenkungseffekten.

Niedrigste Förderungsausgaben der Länder seit dreißig Jahre

Von Mitte der 1990er bis Mitte der 2010er Jahre war die Wohnbauförderung in weitgehend konstanter Höhe von EUR 2,4 bis 3,0 Mrd. dotiert. Seither sind die Förderungsausgaben stark rückläufig und unterschritten 2022 die Marke von EUR 1,9 Mrd. Damit lagen sie um 14% unter dem zehnjährigen Durchschnitt. Ein Gegentrend konnte durch die Ausweitung der Sanierungsförderung des Bundes erreicht werden, der 2022 Forderungen im Ausmaß von über EUR 460 Mio. ausschüttete, v.a. für die klimafreundliche Umstellung von Heizungsanlagen. Insgesamt liegen die wohnungspolitischen Ausgaben des Staats bei ca. 0,5% des BIP. Das ist unter dem Durchschnitt der OECD-Länder.

Bei der Sanierungsförderung bewegt sich etwas

Nach einer Sanierungsrate im geförderten Bereich von 1,9% im Jahr 2009 sank sie stark und stagnierte von 2016-2020 bei etwa 0,6%. 2021 wurde ein leichter Anstieg verzeichnet, der sich 2022 fortgesetzt hat. Die Förderungsausgaben der Länder für die Wohnhaussanierung gingen entsprechend von über EUR 800 Mio. (2010) auf unter EUR 500 Mio. zurück, lagen 2022 aber wieder bei über EUR 530 Mio. Dieser leichte Aufwind verblasst angesichts des Zuwachses der Sanierungsförderung des Bundes. Zusammen hat die Sanierungsförderung im Jahresabstand um mehr als +50% auf fast EUR 1,0 Mrd. zugelegt.

Wohnbeihilfe ist weiter rückläufig

Den rückläufigen Ausgaben für die Subjektforderung steht eine gleichfalls rückläufige Zahl an Wohnbeihilfe beziehenden Haushalten gegenüber. Im Gegensatz zu früheren Jahren entwickelte sich auch die „Abdeckung von Wohnbedarf“ in der Sozialhilfe der Länder 2022 nur moderat. Deren Ausgaben übersteigen mittlerweile jene der Wohnbeihilfe deutlich.

Die Broschüre „Wohnbauförderung in Österreich 2022“ ist hier abrufbar.