Von 14.-16. September organisierte der Bayerische Industrieverband Baustoffe, Steine und Erden e.V. in Würzburg unter Vorsitz von Geschäftsführer Bernhard Kling die Euroschotter-Tagung 2023. 60 Teilnehmer aus Bayern, Baden-Württemberg, Österreich, Südtirol und der Schweiz diskutierten interessante Themen mit Fokus auf Wirtschaftsdaten, den Green Deal und insbesondere Umweltproduktdeklarationen (EPDs).

 Die Wirtschaftsdaten der vertretenen Länder werden als ähnlich negativ, vergleichbar mit Österreich, von den Delegierten berichtet. Die generelle Branchenstimmung der bayerischen und baden-württembergischen Unternehmer ist zwar negativ und wird durch die Vorgaben der Mantel- und Ersatzbaustoffverordnung beeinflusst, dennoch besteht ein Branchenzusammenhalt, der eine Perspektive bietet. Mitglieder der Natursteinbranche sehen sich weniger wirtschaftlich gefährdet als ihre Kies- und Sandkollegen. Dies ist allerdings mehr eine emotionale Einschätzung mit Blick auf eine mögliche geringere Insolvenzquote bei Natursteinwerken.

César Luaces Frades, Vorsitzender des spanischen Gesteinsverbandes Federación de Áridos, wurde wegen seiner Vorreiterrolle bei Branchen-EPDs als Vortragender gewonnen. Einzig der Spanier kann einen positiven Ausblick für die Bau- und Gesteinsbranche vermelden. Der spanische Bausektor war 2008 auf 20% eingebrochen und hat das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht. Positive Wirtschaftstendenzen bewirken nach einhelliger Meinung momentan ausschließlich öffentliche Projekte mit Großaufträgen.

Als einzigartige Tagungslocation zeigte sich das Schlosshotel Steinburg in strahlendem Sonnenschein. Das neohistorische Ensemble thront über Würzburg auf dem Stein, eine Erhebung am Main mit den besten Weinlagen der Region. Die bayerischen Kollegen unter der Leitung von Stephanie Gillhuber luden zu einem illustren Abendessen auf der Terrasse und heizten den Teilnehmern mit der anschließende Feuershow ein. Netzwerkend beschloss die Gruppe den Abend im rustikalen Kellergewölbe.

 Der Weg zum Branchen-EPD

Als Fokus des zweiten Tages standen klar EPDs und ihre weitere Entwicklung auf dem Programm. Der deutsche MIRO-Vertreter, Stefan Janssen, berichtete, dass die Haltung zu Branchen-EPDs abwartend sei. Mit der gegenwärtig zweiten Erhebung einer Branchen-EPD für 5 Gesteinskörnungen berichtete Volker Wetzig vom Schweizer Verband. Für Österreich gab Rudolf Ehrreich ein Resümee der österreichischen Studie mit 15 Werken, die sich derzeit in Auswertung befindet. Ergebnisse etwas über den eidgenössischen Berechnungswerten sind zu erwarten. Wetzig und Ehrreich berichteten in ähnlicher Weise über die Herausforderungen, die eine freiwillige Verbandsstudie mit sich bringt. Besonders intensiv fanden die Herren die Akquise von teilnehmenden Standorten. Da die Erhebungspunkte sich im Allgemeinen decken, war auch das zweiseitige Excel-Abfrageformular beider Verbände weitestgehend ähnlich. Unternehmen fanden die Zuordnung der Verbrauchssummen schwierig. Betriebe mit einer hochaufgeschlüsselten Kostenträgerrechnung fanden die Beantwortung der Anfrage leichter.

Die Schweizer und spanischen Vortragenden sehen weiter Potential für die Branchen-EPDs für den Bereich Craddle to Gate (A1 – A3). Spanien hat die EPDs mit mehr als 400 Betrieben erhoben. Trotz der bereits sehr breiten Datenbasis werden vom spanischen Verband weitere Betriebe für die Branchenlösung im nächsten Schritt eingebunden. Die berechneten Werte der Schweizerbranche von 2019 liegen auf Grund eines günstigen Energiemixes bei 1,71 kg CO2 Äquivalente/t für die ungebrochene 0/4 Fraktion und 2,38 kg CO2 Äquivalente/t für gebrochenes 4/x Material. Auf spanischer Seite liegt der Durchschnittswert bei 4,48 kg CO2 Äquivalente/t als Branchen-EPD mit einem Anteil von über 83% gebrochenen Gesteinskörnungen. Hier muss der enorme personelle Aufwand hervorgehoben werden, der von iberischer Seite geleistet wurde.

 Mögliche EPD-Szenarien

Weitere Fachvorträge gingen auf die künftige Intensivierung der EPDs in Richtung sozio-ökonomische Messgröße an. In den nächsten Jahren wird die Anforderung massiv steigen und deutlich breiter gestreute Parameter vorausgesetzt. Ab der Stufe B1 bis D werden die Daten von generischen Datenbanken stammen müssen. Wie die Wirtschaft auf diese Datenbanken zugreifen kann, ist ungeklärt. Zu befürchten ist, dass wenige Anbieter sich zu hohen Kosten für die Betriebe als Datenlieferanten etablieren werden. Als Damoklesschwert empfinden mit dem Thema befasste Spezialisten einen möglichen Ansatz der EU-EPDs in der Leistungsbeschreibung über den CPR-Acquis-Prozess zu verankern. Dies würde unweigerlich zu Werks- oder Einzelprodukt-EPDs führen. Entsprechend setzt sich das Team des Forums mineralische Rohstoffe in nationalen und europäischen Foren für eine gangbare Lösung ein.

Betriebsbesichtigung bei Schwenk Zement

Ein besonderer Höhepunkt der Tagung war die Führung bei Zementhersteller Schwenk mit 134-jähriger Geschichte in Karlstadt. Ein breit aufgestelltes Team unter Führung von Betriebsleiter Johann Trenkwalder begeisterte das Fachpublikum nicht nur mit dem gigantischen Abbaugerät. Als Besonderheit wurde die namentliche Benennung jedes Radladers und der Schwerlast-LKWs vorgebracht. Die Lader tragen männliche Vornamen, die Kipper weibliche. Mit 14,5 m³ Schaufelvolumen beeindruckte „ERIK“, benannt nach dem Juniorchef, besonders. Für Bewohner des Alpenraums stellt die ungefaltete Lagerung des Muschelkalks mit konstantem Schichteinfallen von 2° ein Kuriosum dar. Auf 7 Etagen mit 20 m Arbeitshöhe wird das Karbonat mittels Sprengung gewonnen.

Trenkwalder deklarierte die größte Herausforderung auf Sohlenniveau den Abbau unterhalb des Mainwasserstands. Wasserrechtliche Genehmigungen sind in Deutschland sehr langwierig und können eine nachhaltige Abbauplanung stark verzögern. Neben dem Wasserthema beschäftigt die Verantwortlichen der 20 m messende Höhenversatz der Abschiebung am Laudenbachgraben. Diese geht mit erhöhtem Abraum einher. Um die naheliegenden Anrainer zu schonen, wurde der Abbau um 90° ausgelenkt. Eine besonders enge Presplitting Methode mit 60 cm Bohrlochabstand kommt an der benachbarten Bruchwand zur Anwendung. Renaturierungsmaßnahmen mit großen Schüttungshöhen zeigten während der Beschreibung der ansässigen Fauna ihre Wirkung. Während der Betriebsleiter über den durch eine Studie belegten perfekten Lebensraum des Steinbruch-Uhus berichtete, kreiste ein Wespenbussard über der Gruppe.

Ihren besonderen Stolz auf die fränkischen Weine demonstrierten die Gastgeber mit dem gelungenen Ausklang zum Abschiedsabend auf der alten Mainbrücke mit dem Brückenschoppen. Den stimmigen Abschluss der Veranstaltung bildete das Abendessen mit Weinkunde- und verkostung in den Gewölben des Alten Bürgerspitals.