Ton und Lehm gehören wohl zu jenen mineralischen Rohstoffen mit der längsten Nutzungstradition. Figuren aus gebranntem Ton sind bereits aus der Altsteinzeit bekannt, mit Beginn der Jungsteinzeit setzten dann auch die Verwendung für den Lehmbau und die Herstellung von Gefäßen ein. Noch im ausgehenden 19. Jahrhundert konnte man in fast jedem Ort im Alpenvorland und in den Beckenlandschaften im Osten Österreichs eine eigene Ziegel- oder Lehmgrube finden. In deren unmittelbarer Nähe befand sich dann meist auch ein kleiner Ziegelofen.

Tongewinnung: 40 aktive Standorte in Österreich

Bis heute zeugen vielfach Flur- und Straßennamen von den einstigen Aktivitäten. Bemerkenswert ist, dass auch die Geologische Bundesanstalt selbst an eine Tongasse grenzt. Im Laufe der Zeit vollzog sich nach und nach eine Konzentration der Abbautätigkeit auf einige wenige, bedeutendere Vorkommen. In Österreich gibt es derzeit rund 40 aktive Tonabbaue, die gemeinsam knapp über 2 Mio. Tonnen pro Jahr fördern. Die wichtigsten Einsatzgebiete für Tonrohstoffe sind die Ziegelproduktion, die feinkeramische Industrie und die Feuerfestindustrie. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von speziellen Anwendungsgebieten.

Erforschung und Dokumentation

Die österreichischen Tonvorkommen umfassen sowohl altersmäßig als auch in Bezug auf ihre Entstehungsgeschichte ein breites Spektrum. Es finden sich sowohl fluviatile, limnische, brackische, marine als auch äolische Sedimente in allen Verwitterungsstadien. Die Erforschung und Dokumentation dieser Vorkommen zählen zu den Arbeitsschwerpunkten der Fachabteilung Rohstoffgeologie der geologischen Bundesanstalt. Anfangs stand eine generelle Bestandsaufnahme im Vordergrund, die die Grundlage für das Tonarchiv darstellt. Dieses Archiv bzw. die daraus resultierenden Datenbanken umfassen derzeit rund 2.500 Einträge zu Tonvorkommen, knapp die Hälfte davon einstige Abbaue. Zu vielen der Vorkommen liegen zudem mineralogische, geochemische und korngrößenmäßige Analysen vor. Der Datenbestand wird durch Implementierung neuester Forschungsergebnisse kontinuierlich aktualisiert.

Rohstoffplan und IRIS-Baurohstoffe

Im Rahmen des Österreichischen Rohstoffplans (Weber, 2012) wurden Gebiete mit einem bedeutenden Rohstoffpotential herausgearbeitet. Darauf aufbauend sind im Interaktiven Rohstoffinformationssystem IRIS Online rund 80 Tonrohstoffbezirke definiert (Heinrich et al., 2019). Die Bearbeitung dieser Bezirke befindet sich aktuell in der finalen Phase. Künftig werden zu jedem einzelnen Rohstoffbezirk per Mausklick Angaben zu stratigraphischer Einheit, Form, Alter, Besonderheiten, Verwendung, typischen Vorkommen sowie weiterführender Literatur abrufbar sein.

Beitrag zur Klimaneutralität

Nicht zuletzt durch ihre Relevanz für eine klimafreundlichere Ziegelproduktion rücken karbonatarme Tonrohstoffe verstärkt in den Fokus der Forschung. Ihr Einsatz soll nicht nur über Maßnahmen im Produktionsprozess selbst, sondern auch seitens der Rohstoffbasis eine Reduktion des CO2-Ausstoßes bewirken. Anfang 2021 startete das Projekt „Karbonatarme Tonrohstoffe in Österreich“. Durch Auswertungen von vorliegenden Archiv- und Literaturunterlagen, Analysen- und Mächtigkeitsdaten wird ein bundesweiter Überblick über den aktuellen Forschungsstand erstellt. In Gebieten mit Informationsdefiziten sollen gezielte Probenahmen und Laboranalysen dazu beitragen, die Rohstoffqualität besser einschätzen zu können. Begleitende geophysikalische Messkampagnen geben Aufschluss über die Verhältnisse im Untergrund und die zur erwartenden Rohstoffmächtigkeiten.

Vorkommen im Alpenvorland und im Wiener Becken

Im ersten Projektjahr wurden Vorkommen im Alpenvorland und im Wiener Becken bearbeitet. Karbonatarme Tone finden sich dort in Ablagerungen von Vorläufern von Donau und Kamp sowie in Bildungen ehemaliger Küsten- und Meeresbereiche am Rand der Böhmischen Masse. Diese Bildungsräume sind meist von einer gewissen Kleinräumigkeit geprägt. Reliefbedingte Mächtigkeitsschwankungen und Einschaltungen von grobklastischen Sedimenten sind charakteristisch. Vorkommen, die aus den kristallinen Gesteinen der Böhmischen Masse entstanden sind, sind in der Regel generell karbonatarm bis karbonatfrei. Sedimente, die ihr Material aus kalkalpinen Einzugsgebieten bezogen, weisen dagegen meist signifikante Karbonatgehalte auf. Durch Verwitterung und damit verbundene Lösungsprozesse können aber auch diese Vorkommen zu karbonatarmen Rohstoffen werden. Beispiele dafür sind etwa marine Schliersedimente oder Lösslehme, die aus äolischen Sedimenten hervorgegangen sind.

Neues Projekt mit neuen Methoden

Im April 2022 wird im Rahmen der Forschungspartnerschaften Mineralrohstoffe das Projekt „MRI_SpekDroTon“ beginnen, das in enger Kooperation mit Experten des Instituts für Geologie der Universität Wien und der Firma Wienerberger durchgeführt wird. Ziel dieses Projekts, das auch Spielraum für experimentelle Ansätze und Methodenentwicklung lässt, ist die Detailuntersuchung ausgewählter Tonvorkommen Österreichs betreffend ihre rohstoffgeologischen Eigenschaften sowie ihre flächige und tiefenmäßige Verbreitung.

Dokumentation von Schwankungsbreiten 

Insbesondere sollen Schwankungsbreiten dokumentiert werden, die in Zusammenhang mit Sedimentationsraum, Bildungsmilieu, tektonischen Gegebenheiten oder Verwitterungsphänomenen stehen. Ein Hauptaugenmerk wird auf dem Ausloten der Möglichkeiten von bisher noch wenig etablierten Verfahren wie Punktspektrometrie und Drohnen-gestützten geophysikalischen Messmethoden liegen. Validiert werden die Ergebnisse durch bewährte Techniken wie Mineralphasenanalytik mittels Röntgendiffraktometrie, geochemische Analysen, Korngrößenuntersuchungen sowie bodengeophysikalische Geoelektrik-Messungen. Gelingt es, die neuen Methoden erfolgreich zu integrieren, könnten sie dazu beitragen, Tonvorkommen rasch zu lokalisieren sowie einen Überblick über Lagerstättengeometrie und -inhalt zu gewinnen.

Autor: Julia Rabeder, Geologische Bundesanstalt – Fachabteilung Rohstoffgeologie

Literaturnachweis: Heinrich, M. et al. (2019): Das Projekt “IRIS-Baurohstoffe in Österreich” im Rahmen der Initiative GBA-Forschungspartnerschaften Mineralrohstoffe.- Berg- und Hüttenmännische Monatshefte, 164, S. 67-70, Wien. Weber, L. (Hrsg.) (2012): Der österreichische Rohstoffplan.- Archiv für Lagerstättenforschung der Geologischen Bundesanstalt, 26, 263 S., Wien.