Die österreichische Volkswirtschaft geriet wie die Weltwirtschaft und die EU-Wirtschaft in eine Rezession. Die heimische Bau(stoff)wirtschaft verzeichnet ein deutliches Umsatzminus.

 

Die umfangreichen Restriktionen, die zur Begrenzung der Ausbreitung der COVID-19-Infektionen verhängt wurden, haben zu einer weltweiten Rezession geführt. Diese Entwicklung veränderte innerhalb weniger Wochen die wirtschaftlichen Aussichten grundlegend. Mit der schrittweisen Rücknahme der Eindämmungsmaßnahmen wird die Wiederaufnahme von wirtschaftlicher Aktivität ermöglicht. Der Umstand, dass dies international asynchron verläuft, verlängert die Dauer der negativen Effekte der von der WHO ausgerufenen Pandemie auf die Weltwirtschaft.

 

EUROPA: Tiefe und uneinheitliche Rezession

Die EU-Wirtschaft wird in diesem Jahr aufgrund von COVID-19 trotz der raschen und umfassenden politischen Reaktion sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene eine tiefe Rezession durchmachen. In der 2. Jahreshälfte 2020 wird sich die wirtschaftliche Erholung verstärken. Jedoch dürften – sowohl im Hinblick auf den Produktionsrückgang 2020 als auch auf die Erholung 2021 – große Unterschiede in den Mitgliedsstaaten zutage treten.

 

In der Sommerprognose der EU-Kommission  wird davon ausgegangen, dass die Wirtschaft des Euro-Währungsgebiets 2020 um 8,7% schrumpfen und 2021 dann um 6,1% wachsen wird. Die Wirtschaft der EU insgesamt dürfte 2020 um 8,3% schrumpfen und 2021 um 5,8% wachsen.

 

 

ÖSTERREICH: WIRTSCHAFTSABSCHWUNG

Die österreichische Volkswirtschaft geriet wie die Weltwirtschaft in eine Rezession. Wenngleich diese sich im Wesentlichen auf das 1. Halbjahr 2020 beschränkt und damit vergleichsweise kurz ist, ist sie ausgesprochen tief. Zwar wurde der Tiefpunkt bereits durchschritten und der Wertschöpfungsverlust im Sommer teilweise wettgemacht, dennoch besteht über die weitere Entwicklung hohe Unsicherheit. Für das Jahr 2020 wird insgesamt ein BIP-Rückgang von 6,8% gegenüber 2019 prognostiziert, für 2021 ein Anstieg von 4,4%. Auch wenn dieser Aufholprozess im historischen Vergleich dynamisch ist, dürfte das BIP am Ende des Prognosehorizonts (Ende 2021) das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht haben.

 

Im 2. Quartal führten die wirtschaftlichen Effekte durch COVID-19 zu einer Rezession in historischem Ausmaß. In den Bereichen Bergbau, Herstellung von Waren, Energie- und Wasserversorgung, Abfallentsorgung brach die Wertschöpfung massiv ein (-18,7%). In der Bauwirtschaft wurde ein Rückgang von 11,9% verzeichnet. Im 3. Quartal 2020 expandierte die reale Wirtschaftsleistung bereits wieder kräftig; sie dürfte gegenüber dem Vorquartal um über 10% gestiegen sein (2. Quartal -12,1%).

 

Der Einbruch der Konjunktur hat auch erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Der langjährige Beschäftigungsaufbau endete im März 2020 abrupt und die Arbeitslosigkeit stieg erheblich. Maßnahmen wie die Möglichkeit zur Kurzarbeit schränken die negativen Effekte auf den Arbeitsmarkt zwar ein, dennoch wird die Arbeitslosenquote 2020 mit 9,8% wesentlich höher sein als im Vorjahr (2019: 7,4%). Im Einklang mit der erwarteten Konjunkturerholung wird sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt 2021 mit 8,8% entspannen.

 

Nach einer Teuerungsrate von 1,5% im Jahr 2019 dürfte der Verbraucherpreisindex in den Prognosejahren 2020 und 2021 um 1,3% bzw. 1,5% steigen.

 

 

RÜCKGANG IN DER BAUWIRTSCHAFT

Nach +2,4% im Jahr 2019 prognostiziert das WIFO für die Bauwirtschaft im laufenden Jahr einen Rückgang von 5,3% und ein Plus von 3,8% in 2021. Der Rückgang durch COVID-19 ergibt sich insbesondere durch eine Abschwächung des Hochbaus (2020: -6,1%, 2021: +4,4%). Der Wohnbau geht 2020 um 3,8% zurück, wird aber die Verluste 2021 wieder aufholen (+3,7%). Der Tiefbau verliert in diesem Jahr 2,0% und soll 2021 um 1,5% wachsen.

 

Für 2020 prognostiziert das WIFO 53.300 Baubewilligungen, was einem Rückgang um 9.900 Einheiten bzw. 15,6% gegenüber 2019 entspricht. Dies wird sowohl auf die merklich schwächere Bevölkerungsentwicklung als auch auf die im Frühjahr 2020 aufgrund der COVID-19-Maßnahmen eingeschränkte Bautätigkeit und baubehördlichen Tätigkeiten zurückgeführt. Der Rückgang entfällt hauptsächlich auf den Mehrgeschoßbau, für den 35.300 Einheiten in 2020 (-21,2% bzw. -9.500 Einheiten) und 33.700 Einheiten in 2021 (1,1% bzw. 400 Einheiten) prognostiziert werden. Im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser ist die Entwicklung mit -2,0% (-400 Einheiten) in 2020 und einer Stagnation in 2021 (+0,4%, +100 Einheiten) jedoch weiterhin recht stabil. Für 2021 werden insgesamt 53.800 Baubewilligungen (+0,9%) erwartet.

 

 

KONJUNKTURERHEBUNG DES FACHVERBANDS STEINE-KERAMIK

Auch wenn die Bautätigkeit im Frühjahr nur für kurze Zeit eingestellt war, hat auch die Stein- und keramische Industrie unter den Auswirkungen vom COVID-19 gelitten.

 

Nach einem Umsatzwachstum von 2,2% im Jahr 2019 verzeichneten die Mitgliedsbetriebe der Baustoffindustrie im 1. Halbjahr 2020 ein Minus von 7,3% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahrs auf EUR 1,8 Mrd. Das Umsatzminus ist stark geprägt von den exportorientierten Industriezulieferern (Feinkeramik, Feuerfest, Schleifmittel), die einen Umsatzrückgang von 16,2% verzeichnen. Die bauaffinen Branchen (Beton- und -fertigteile, Transportbeton, Zement, Putz-Mörtel, Sand-Kies, Schotter) mussten einen Umsatzverlust von 4,1% hinnehmen. Bei den Beschäftigten gab es einen Rückgang um 4,9% (14.147 Mitarbeiter).

 

Die größten Umsatzrückgänge verzeichneten die Feuerfestindustrie (-19,7%), die Schleifmittelindustrie (-17,9%), die Sand- und Kiesindustrie (-9,7%) und die Transportbetonindustrie (-8,2%). Umsatzzuwächse erzielten die Naturwerksteinindustrie (+4,0%), die Putz- und Mörtelindustrie (+0,9%), die Zementindustrie (+0,9%) und die Schotterindustrie (+0,5%).

 

Eine seriöse Prognose für das Gesamtjahr gestaltet sich schwierig. Die im Frühjahr ausgesetzten Bauverhandlungen, überschaubare Auftragseingänge und geringe Investitionen bei den Kommunen im Gewerbe- und Industriebau und im Bereich Tourismus bereiten Sorge.