Der wertvolle Rohstoff Gips wird – wie hier am Grundlsee – im Tagebau gewonnen. Ab 2026 werden alle Gipsabfälle flächendeckend in den Kreislauf zurückgeführt. © Saint Gobain Austria

Gips prägt seit Jahrhunderten unsere Baukultur. Der unscheinbare, weiße Baustoff steckt in unzähligen Wänden, Decken und Spachtelmassen. Was ihn zusätzlich interessant macht: Gips lässt sich hervorragend recyceln.

Naturgips entstand vor Millionen Jahren, als flache Meere verdunsteten und Mineralien sich als feste Schichten am Meeresboden absetzten. Chemisch gesehen ist Gips Calciumsulfat mit Kristallwasser. Gips kann Wasserdampf aus der Luft aufnehmen und wieder abgeben. Außerdem ist Gips nicht brennbar und damit ein natürlicher Brandschutz. Diese Vielseitigkeit macht Gips vor allem als Baustoff so nützlich: Als Putz sorgt er für glatte, atmungsaktive Wände, ermöglicht mit Gipskartonplatten schnellen Innenausbau und ziert Altbauten mit Stuck. Auch Estriche und medizinische Verbände profitieren von seiner Formbarkeit und Stabilität.

Gips ist endlos recycelbar

Die Nachfrage nach dem Werkstoff ist groß, die Hersteller investieren in den Ausbau der Kreislaufwirtschaft ihrer Produkte. Denn Gips ist endlos recycelbar. Wird ein Gebäude rückgebaut, können Gipskartonplatten zerkleinert und wieder zu neuem Baustoff verarbeitet werden – ohne Qualitätsverlust. Das spart Rohstoffe, reduziert Abfall und senkt den CO₂-Fußabdruck. Den gesetzlichen Rahmen dafür schafft die neue Recyclinggips-Verordnung. Ziel ist die Einführung eines Recyclingkreislaufs für Gips in ganz Österreich mit einer potenziellen Rückführung von bis zu 100.000 Tonnen pro Jahr. Seit April 2025 müssen Gipsplatten- und Calciumsulfatestrichabfälle auf Baustellen getrennt gesammelt und trocken gelagert werden. Ab 2026 gilt ein Deponierungsverbot.

Wird ein Gebäude rückgebaut, können Gipskartonplatten zerkleinert und ohne Qualitätsverlust wieder zu neuem Baustoff aufbereitet werden. © Saint Gobain Austria

Die Wiederverwertung hat längst begonnen

Die heimischen Gipshersteller sind Vorreiter bei der Aufbereitung von Gipskarton aus Rückbaumaterial. Von der GzG Gipsrecycling GmbH wurde das erste Gips-zu-Gips-Recyclingwerk am Standort Stockerau realisiert. Seit Anfang April 2025 übernimmt die GzG Gipsabfälle aus Abbruch und Rückbau. Der nächste Meilenstein ist der CO₂-neutrale Weitertransport des Recyclinggips per Bahn, um das Material in die Produktion neuer Gipsplatten zu integrieren. Die maximale Kapazität der Recyclinganlage beläuft sich auf 60.000 Tonnen pro Jahr.

Ohne Primärrohstoffe wird es trotz Innovationen nicht gehen. Die benötigten Rohstoffmengen für die heimische Wertschöpfungskette übersteigen die Recyclingkapazitäten. Hinzu kommt: Der Werkstoff Gips ist langlebig. In manchen Wiener Kaffeehäusern sitzt man unter Gipsstuckdecken, die schon Kaiser Franz Joseph gesehen hat – und die nach über 150 Jahren immer noch halten.