Lutz Müller – Vorstandsmitglied im Forum Rohstoffe und Landessprecher der Regionalgruppe Steiermark – über die zentralen Anliegen und Herausforderungen der Rohstoffbranche:

 

  • Was sind aus Ihrer Sicht die zentralen Anliegen der Rohstoffbranche?

Wir wollen Verständnis dafür schaffen, dass Rohstoffversorgung kein Selbstweck ist. Rohstoffversorgung ist die Basis einer jeden Zivilisation. Sie schafft und sichert Wohlstand als Teil der sog. „Urproduktion“, wie Land- und Forstwirtschaft oder Fischerei. Versorgungssicherheit muss daher auch ein wesentlicher Entscheidungsfaktor bei Genehmigungsverfahren und bei bestehenden Abbautätigkeiten sein.

 

  • Warum ist die regionale Nutzung und Gewinnung von mineralischen Rohstoffen so wichtig?

Transport ist ein wesentlicher Klima- und Kostenfaktor. Regionale Rohstoffversorgung ermöglicht eine transport- und damit klimaoptimierte Versorgung der Gesellschaft. Früher wurden mineralische Baurohstoffe oft als Massenrohstoffe bezeichnet. Das mag zwar in Bezug auf das geologische Vorkommen in der Erdkruste stimmen, jedoch nicht auf die Verfügbarkeit im Wirtschaftskreislauf. Das zeigt z.B. auch, dass in Norddeutschland Baurohstoffe aus Norwegen importiert werden müssen, weil es keine regionale Verfügbarkeit gibt. Diesen regionalen Vorteil sollten wir in Österreich nicht verspielen.

 

  • Wie kann /soll die Politik /die Gesetzgebung Ihre Arbeit in der Region unterstützen? Was würden Sie sich von dieser erwarten?

Ich sehe wenig gesetzlichen Änderungsbedarf in der Steiermark, auch die Behörden arbeiten fachlich fundiert. Genehmigungsprobleme können manchmal auch hausgemacht sein, z.B. durch unvollständige Unterlagen. In diesem Fall den Behörden oder der Politik den „schwarzen Peter“ zuzuschieben, ist für die ganze Branche nicht hilfreich. Ein Wunsch an die Ortspolitik wäre jedoch, dass man sich weniger an der nächsten Wahl orientiert, sondern „das Projekt“ und die Langfristigkeit im Blick behält. Nicht jeder Rohstoffbetrieb stört in der Gemeinde, ganz im Gegenteil, und das Floriani-Prinzip hilft bekanntermaßen auch niemandem.

 

  • Empfinden Sie den Verwaltungsaufwand bei neuen Projekten als überbordend? Betreibt Österreich hier ein sog. Gold Plating? Und welche Gesetze / Verordnungen, die Ihr Unternehmen in der Rohstoffgewinnung betreffen, sollten geändert / verschlankt oder abgeschafft werden?

Ich sehe besonders Anlassgesetzgebung als problematisch. Diese ist oft legistisch fehlerhaft und wird dann mit einem „Patch“ nach dem anderen, wie bei einer Software, irgendwie repariert. Daher wünsche ich mir von der Politik eine ruhigere und auch nachhaltigere Legislative. Äußerst wünschenswert wäre eine Beschleunigung von Behördenverfahren, natürlich unter Beibehaltung von entsprechendem Parteiengehör.

 

  • Was sind die aktuellen Herausforderungen in Ihrem Unternehmen? Wie begegnen Sie diesen?

Die angekündigte klimasoziale Steuerreform sorgt derzeit für Unsicherheit. Was kommt 2022 ff? Was wird teurer? In welche Technologien soll man investieren? Wir reden in unserer Branche von Investitionszyklen bis zu 25 Jahre. Ich bin absolut dafür, dass Klimaschutzmaßnahmen gesetzt werden. Wir tun dies momentan etwa mit dem Ausbau von PV-Anlagen. Da kann man nicht viel falsch machen. Aber für die wirklich großen Schritte braucht es Klarheit und Planungssicherheit.

 

  • Warum ist es wichtig sich als Unternehmer im Forum Rohstoffe zu engagieren?

Das Forum mineralische Rohstoffe ist eine die Branche verbindende Plattform über die Fachorganisationen hinweg. Immerhin sind bei uns Firmen aus dem FV Steine-Keramik, der BI Bauhilfsgewerbe und dem FV Bergwerke-Stahl vertreten. Uns alle eint, dass wir mit denselben Herausforderungen in der Rohstoffgewinnung und -veredelung zu tun haben. Die geballte Masse an Fachkompetenz, der gemeinsame Auftritt und die gemeinsamen Initiativen stärken uns alle und wären als Einzelunternehmen nicht erreich- bzw. realisierbar.

 

  • Roh- und Baustoffknappheit ist derzeit in aller Munde – sind davon auch die mineralischen Baurohstoffe betroffen?

Geologisch nicht – faktisch mittelfristig sehr wohl. Aktuell können wir die Nachfrage gut bedienen. Auf Grund der immer weiter voranschreitenden Zersiedelung und einer eher inkonsequenten Raumplanung drohen uns mittelfristig allerdings die Flächen für die Rohstoffgewinnung auszugehen. Eine verbesserte Raumordnung mit konsequenter Festlegung von Rohstoffvorrangzonen wäre hilfreich.

 

Kanzelsteinbruch Gratkorn GmbH

Die Wurzeln des Kanzelsteinbruchs gehen weit in das 19. Jahrhundert zurück, nachweislich wurde bereits 1932 die Erweiterung des Betriebs behördlich genehmigt. Ein neues Kapitel in der Firmengeschichte wurde mit dem Rückzug der Gründerfamilie 2021 und der kürzlichen Umfirmierung in die Kanzelsteinbruch Gratkorn GmbH aufgeschlagen.

Der Betrieb beschäftigt aktuell 14 Mitarbeiter und gewinnt und veredelt rd. 450.000 t Gestein pro Jahr. Damit ist man ein wichtiger Nahversorger für Straßenbaumaterialien für obere und untere Tragschichten sowie von Zuschlagsstoffen für die Heißmischgut- und Betonerzeugung in der zentralen Steiermark.

www.kanzelsteinbruch.at